Digital Natives und die Zugewanderten

Vor einiger Zeit war unsere Küche keine Küche mehr, sondern ein Trümmerhaufen voller Schutt und Staub. Eine nasse Wand musste getrocknet und im Verlauf dessen die Küche in ihre Einzelteile zerlegt werden. Eines Nachmittags wollte ich mit Tochter Eins bei unserer Nachbarin ein Stockwerk höher eine Suppe kochen. Die Nachbarin hat einen sehr modernen Herd, einen Induktionsherd. Der besteht aus einer einzigen großen Platte, in die Zeichen eingelassen sind, die man irgendwie drücken muss. Die Nachbarin war nicht da und so standen Tochter Eins und ich vor dem Herd und rätselten, wie man den wohl in Gang kriegt. Es gelang nicht. Ab und zu blinkte er rot, fiepte und ging wieder aus. Ich ging zu einer anderen Nachbarin runter, in der Hoffnung, dass die wissen könnte, wie das geht. Sie aber war nicht da. Bevor wir weiter überlegen konnten, was jetzt zu tun wäre, musste ich los, um Tochter Zwei mitsamt ihrem schweren Musikinstrument von der Schule abzuholen. Tochter Eins sagte: „Ich google das jetzt“. „Googlen???“, fragte ich. „Du willst googlen, wie wir diesen Herd in Gang kriegen?“.

2013-04-13 18.33.20

Kurz vor meinem Gang in die Schule sah ich Tochter Eins vor dem Laptop, wie sie bei YouTube ein Video ansah. In dem Video hantierte ein Mann mit einer Art Blechknopf auf einem Herd, der dem der Nachbarin ziemlich ähnlich sah. „Wir müssen den Blechknopf finden“, sagte Tochter Eins. Als ich mit Tochter Zwei zurück kam, war der Blechknopf gefunden, der Herd heiß und die Suppe fast fertig. Das glaube ich nicht, dachte ich. Da hielt ich mich trotz meiner fast 50 Jahre immer für eine ziemlich assimilierte Einwanderin in der digitalen Welt, aber das kann wohl nur den Eingeborenen einfallen. Die Funktionsweise eines Herdes googlen.

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